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An(ge)dacht: Die Sehnsucht nach Licht

Die erste Kerze auf dem Adventskranz brennt. Krankenhaus-Seelsorgerin Sabine Heiter-Grates sehnt sich nach diesem Zeichen von Licht und Hoffnung in Not und Dunkelheit.

Wie hätte das wohl ausgesehen, wenn er, ein Gerechter und ein Helfer, arm auf einem Esel unter Corona-Bedingungen eingeritten wäre in die Stadt? Im Neuen Testament wird geschildert, wie der Prophet Sacharja den Einzug eines Frieden bringenden Königs auf einem Esel reitend so vor sich sah, was 500 Jahre später tatsächlich Realität wurde. Da berichten die Evangelien, wie Jesus von Nazareth nach Jerusalem einzieht und die Leute „Hosianna“, übersetzt: Hilf uns! Rette uns!“ rufen.

Wie die meisten Menschen sind wir bereit, die Kontaktbeschränkungen weiter mitzutragen, um aller Gesundheit zu schützen. Aber unsere Seelen sind müde und erschöpft. Wie lange geht das noch? Wann können wir wieder unbeschwert miteinander leben? Endlich wieder das Gesicht des Anderen ganz sehen, vielleicht sogar sein Lächeln? Auch wir rufen "Hosianna".

Wir sehnen uns nach Gemeinschaft. Wir sehnen uns nach Hoffnung, danach, dass alles gut wird. Nach Frieden um und in uns. Wir sehnen uns nach Licht  - als ein Zeichen gegen die Dunkelheit und die Not.

Deswegen ist es nach meinem Empfinden so wichtig, dass auch jetzt in diesem erneuten Pandemie-Advent überall die Lichter zu sehen sind. Deswegen ist es so wichtig, dass jetzt die Adventskerze brennt – und wenn es gerade nur die einzige Kerze ist, die brennt an diesem ersten Advent. Es ist zunächst nur ein einziges Licht, dass die Dunkelheit durchbricht. Es ist nur eine zaghafte Helle, die zu scheinen beginnt. Aber es ist schon jetzt die Brücke zwischen unserer Welt, in der wir leben und dem, auf was wir hoffen. Wir Christen nennen diese Hoffnung mit dem Propheten Sacharja „Tochter Zion, das himmlische Jerusalem“. Es steht für eine Zukunft, in der die Gewalt überwunden und alle Tränen abgewischt sein werden. Eine umfassende Friedenserklärung Gottes an uns, in der es kein Leid mehr geben wird.

„Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin“. Dass der Helfer und Retter nicht mit Prunk und großem Gefolge kommt, sondern auf einem Esel in die Stadt geritten kommt, möge uns zeigen: Die Hoffnung, die mit dem Advent verbunden ist, gründet in etwas, das auch ganz unscheinbar und so nicht erwartet daherkommen kann. Sie gründet in der Zusage, dass Gott uns nie alleine lässt, dass er in einem Menschen in unsere Dörfer und Städte und in unsere Herzen einzieht, durch den die Liebe immer mehr Raum gewinnt und am Ende alles durchzieht.

Ich will in diesen Zeiten nicht mürbe und nicht stumm werden. Ich will in diesen Ruf einstimmen, vielleicht noch sehnsüchtiger als sonst, vielleicht trotziger als sonst. Aber lassen Sie uns auf die Adventskerzen schauen – und Gott loben mit Zuversicht und Freude, mit dem Lied, das bei uns im Gesangbuch unter der Nr. 13 steht:  „Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem“ .

Vielleicht stimmen Sie mit ein?

Sabine Heiter-Grates, Pfarrerin in der Krankenhausseelsorge am Klinikum Idar-Oberstein