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An(ge)dacht: Empfindung kann kein Maßstab sein

"Normalität" - seit Längerem wird sie herbeigesehnt. Superintendentin Jutta Walber fragt sich, was "Normalität" bedeutet. Ist sie vielleicht mehr als ein Empfinden?

Viele freuen sich darauf, das Leben soll wieder an Normalität gewinnen!

Auch ich konnte meinem Gegenüber nur zustimmen: „Ja, schön, wenn das Leben wieder normaler wird!“ Noch am gleichen Tag beschwerte sich ein Bekannter darüber, dass es viel zu kühl sei für die Jahreszeit – „nicht normal“. Ich versuchte mich an das Wetter zur Zeit meiner Kindheit zu erinnern - damals war diese Kühle „normal“.

Was eigentlich empfinden wir als „normal“ – ist „Normalität“ ein belastbares Argument, wenn es um die Beurteilung von Veränderungen und gesellschaftlichen Entwicklungen geht? Ich meine „Nein“, denn was als „normal“ gilt, kann durchaus unterschiedlich sein – es sei denn es handelt sich um festgelegte Normgrößen wie die DIN. Und die können für Firmen einen gewaltigen Aufwand bedeuten, wenn es gilt Normierungen in Produktionsprozessen anzupassen, wenn diese sich verändern.

Ansonsten empfindet jede/r anderes als „normal“ und eine Empfindung kann kein Maßstab sein. Sicherlich wird mit Blick auf die vor uns liegende Bundestagswahl immer mal wieder die „Normalität“ bemüht werden, die eine vermeintliche Sicherheit und Allgemeingültigkeit vorgaukelt.

Da empfehle ich entlarvende Wachsamkeit und einen scharfen Verstand! Ganz im Sinne der biblischen Anregung aus dem ersten Brief an die Gemeinde in Thessaloniki: „Prüfet alles und das Gute behaltet!“

 

 Superintendentin Jutta Walber