Sie sind hier: Kirche mit dir

An(ge)dacht: Achten wir auf unsere Sprache! Sie deutet

Am 8. Mai jährt sich das Ende des 2. Weltkriegs zum 75. Mal. Was Burkard Zill in diesen Tagen aufstößt: die Kriegs-Rhetorik im Zusammenhang mit Corona.

In die morgen beginnende Woche fällt der 75. Jahrestag der Beendigung des 2. Weltkrieges und der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Ich wähle bewusst die Formulierung „Befreiung“ aus der Rede von Richard von Weizsäcker am 08.05.1985. Denn Sprache deutet. Wir sehen das in diesen Tagen auch beim Thema Corona. Ich bin erstaunt und erschrocken über die neue Kriegsrhetorik. Wir befinden uns keineswegs im Krieg, auch nicht gegen das Virus! Das ist Hohn an den Opfern der Kriege. Und es ist eine Verharmlosung der Täter. Im Krieg geht es darum Menschen einer bestimmten Gruppe zu vernichten. Bei den Anstrengungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie geht es darum Menschenleben zu schützen und gemeinsam Leben zu retten. Also achten wir auf unsere Sprache! Und lassen wir uns nicht manipulieren!

Uns wird gerade wieder vor Augen geführt wie verletzlich wir sind. Das ist im Grunde nie anders gewesen. Jederzeit kann uns ein Unfall treffen oder eine schwere Krankheit. Wir sind auch verletzlich als Gemeinschaft. In einer globalen Welt kann unsere Infrastruktur ausgehebelt werden. Computernetzwerke können zusammenbrechen. Sie können bewusst angegriffen werden. Unsere Versorgung, unsere gesamte Wirtschaft ist weltweit vernetzt und damit anfällig für Störungen an Stellen, die wir gar nicht mehr in der Hand haben. Digitale Desinformation gehört zum täglichen Geschehen in unserer Zeit. Internettrolle sind ständig im Netz unterwegs mit der Absicht anderen Schaden zuzufügen.

Wir haben uns in den letzten 75 Jahren an Frieden und Sicherheit gewöhnt. Der 8. Mai ist für uns wirklich ein Tag zum Feiern! Angesichts der Krise dämmert uns: Freiheit und Sicherheit und ausreichende Versorgung und Frieden sind keineswegs selbstverständlich! Wir haben keinen Anspruch darauf. Sie sind vielmehr ständig bedroht. Deshalb müssen wir sie schützen. Mit allen Mitteln. Auch mit dem Mittel unserer Sprache. Paulus war das klar als er an die Gemeinden in Galizien die folgenden Worte schrieb: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Darum stehet fest und fallt nicht wieder unter das Joch irgendeiner Knechtschaft.“

Ich grüße Sie mit dem Friedensgruß „shalom alechem!“ Wir übersetzen das mit „Friede sei mit euch!“ Das zu Grunde liegende hebräische Wort „shalom“ hat dabei eine sehr weitreichende Bedeutung. Es umfasst neben „Frieden“ auch „Gesundheit, Unversehrtheit und Sicherheit“. In diesem Sinne „Shalom!“

 

Ihr Burkard Zill