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An(ge)dacht: Beruhigter handeln mit Gottes Zusage

Corona hat uns gezeigt, wie zerbrechlich unsere Existenz ist. Wir haben auf der Welt noch andere Krisen, die uns herausfordern, weiß Pfarrer Lothar Hübner.

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Bleib gesund.“ Diese Formel hat bei Verabschie­dungen fast alle anderen abgelöst. Ein Wunsch – ein Auftrag?

Das ganze Leben ist wie umgekrempelt. Im öffentlichen wie im privaten Bereich. Ein kleiner Virus, ein Mitgeschöpf, hält die ganze Welt in Atem, hat unser ganzes Leben ausgebremst.

Mit einem Mal werden wir darauf gestoßen, wie fragil unsere Welt ist. Ein kompliziertes System, bei dem alles miteinander zusammenhängt, über das wir im Grunde kaum wirklich Bescheid wissen. Daher ist es schon bedenklich, dass über der Corona-Epidemie so Vieles in den Hintergrund gerät, was für die Gesundheit, ja das Überleben unserer Welt über­aus wichtig ist. Corona ist ja nicht die einzige Krise, in der wir stehen.

Seit dem Erdüberlastungstag, dem 22. August, sind die Ressourcen, die die Erde jedes Jahr für uns bereit hält, verbraucht; alle Rohstoffvorräte, aller Sauerstoff, alle CO2-Lizenzen; drei Wochen später erst – dank Corona – aber seit zwei Wochen verbrauchen wir alle gemeinsam Schätze, die die Erde und die Sonne nicht wiederherstellen oder ersetzen können. So nehmen die heute lebenden Menschen Kredit bei den kom­menden Generationen; ungefragt natürlich. Ganz ohne dass die jungen Leute zustimmen könnten.

Ihr Protest geht in der Corona Krise unter. Im Prinzip ist die Corona-Krise eine der wenigen Krisen, bei der die Politik fast weltweit der Wissen­schaft folgt. Wenn doch das auch beim Thema Klima so wäre. Auch hier sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse seit langem gesichert und klar. Selbst am Polarkreis purzeln die Temperaturre­korde, der Permafrost taut auf und anderswo werden Dürren, Hitzewellen und schwere Unwetter Normalität.

Aber hier handelt die Politik nur sehr bedingt nach dem, was die Wissenschaft empfiehlt. Corona ist für uns jedoch im Moment viel näher. Wir alle leiden ja unter den Beschränkungen, die einen mehr, die anderen weniger. Viele halten sich akribisch an die Vorgaben und lassen sich zugunsten ihrer Mitmenschen ein­schränken, andere sehen nicht ein, sich ihrer persönlichen Freiheit berauben zu lassen.

Wir sind verunsichert: Was ist sinnvoll und was nicht mehr?

Als Kirchengemeinde nehmen wir Rücksicht, feiern wir in sicherer Entfernung voneinander Gottesdienste, ohne Gesang und ohne Abendmahl, ohne Friedensgruß und spüren, wie viel uns da fehlt. Trotz allem tut es aber gut, die Zusagen Gottes zu hören und sich auf sie einzulassen.

Zum Beispiel die Tageslosung für Sonntag:

„Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Psalm 121,7“

Nicht: „Bleib gesund“ – sondern „der Herr behüte dich“. Da ist einer, der sich um mich sorgt, dem mein Wohlergehen wichtig ist und der mich daher behütet und beschützt. Mit einer solchen Zusage kann ich ein Stück weit beruhigter sein. Nicht, um die Hände in den Schoß zu legen, sondern um mit klarem Kopf und ohne Panik das zu tun, was nötig ist, um gesund zu bleiben.

Nicht nur körperlich, sondern auch in meiner Seele.

Lassen Sie sich behüten.

Pfarrer Lothar Hübner, Kirchengemeinden Herrstein, Mörschied-Weiden und Wickenrodt