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An(ge)dacht: Wie viele Esel gibt es?

Einem ganz besonderen Tier, dessen Gaben oft verkannt werden, haben sich in diesem Jahr Pfarrer Johannes Hülser und seine Konfirmanden gewidmet.

„Was habe ich dir getan?“ Dieser Satz ist einmalig in der ganzen Heiligen Schrift. Das liegt an der, die ihn spricht: „Bin ich nicht deine Eselin, auf der du schon ein Leben lang reitest?“, fragt sie den berühmten Propheten Bileam im 4. Buch Mose (22,28). Alleine hier lesen wir in der ganzen Bibel, dass ein Tier von Gott die Gabe zu sprechen verliehen bekommt.

Auch in unserer Zeit werden Wanderungen mit Eseln immer beliebter. Sie sind vorsichtig und genügsam. Alleine 1,5 Millionen verwilderte Hausesel durchstreifen das trockene Landesinnere Australien. Ein Esel bleibt bei Gefahr eher stehen. Das hat zu dem Vorurteil geführt, sie wären stur oder gar dumm.

 Im Corona-Lockdown durften sich unserer Konfirmanden zeitweise nur draußen treffen. Sportveranstaltungen mit bis zu 20 Personen waren erlaubt – die vier mitwandernden Esel aus dem Dörflein Erdesbach nicht eingerechnet. Mit ihrer vorsichtigen Art waren sie für uns das ideale Transportmittel. Ihr Besitzer berichtete von ihrem fantastischen Geruchssinn. Seine Esel bemerkten ein Tier am Wegesrand mindestens 20 Meter vor seinem Hund, der ebenfalls mit uns wanderte. Durch ihre vorsichtige Art waren sie ideal für unsere Gruppe, die so viele Wochen alleine zu Hause oft hauptsächlich in Gesellschaft von flachen Bildwiedergabegeräten eingesperrt war.

Die „Sturheit“ seiner alten Eselin rettete damals einem der bekanntesten Propheten seiner Zeit das Leben. Denn dieser hatte glatt einen Engel des Herrn übersehen, der mit gezücktem Schwert in seinem Weg stand. Als seine klügere Eselin stehen blieb, schlug er mit seinem Stock auf sie ein. Wer war hier das „größere Huftier“ – der blinde Mensch oder seine sehende Eselin?

So hatten „unsere“ vier Esel am Ende der Tour ihre Belohnung wirklich verdient: Eine Extraportion der speziellen Futtermischung „Eselsglück“ (heißt wirklich so) – überreicht durch Konfirmanden, die selbst zum ersten Mal seit Monaten wieder mit einer Gruppe unterwegs sein durften.

Sturheit und Dummheit: Diese Vorurteile gelten für eine ganz spezielle Gruppe dieser Tiergattung; auch wenn sie sich nicht durch „sehr lange Ohren, Stehmähne und einem Schwanz mit Endquaste“ auszeichnen. Ganz viele Menschen trampeln stur an so viel Glück vorbei und sind blind für die Schönheiten von Gottes Schöpfung. Die Gesellschaft von anderen verachten Sie und sehen überall nur Verrat oder Verschwörung. Egal wie viel wir bekommen oder schon haben; wir sehen immer nur den anderen Artgenossen, der noch mehr besitzt. Wir leben auf zu großem Fuß und verachten doch die bescheidenen Huftiere. Wir sind ähnlich blind wie damals der Prophet Bileam, wenn wir vor einer Gefahr gewarnt werden und schlagen um uns, wenn uns jemand widerspricht. Manchmal könnte auch für uns Menschen der Satz wahr sein: „Es gibt immer exakt einen Esel mehr als man denkt!“

Pfarrer Johannes Hülser, Kirchengemeinde Offenbach, Medard-Wiesweiler und Niederalben-Niedereisenbach