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An(ge)dacht: Die Zeit plätschern hören

Burkard Zill hat festgestellt: Nichtstun hat nicht unbedingt einen guten Ruf. Dabei kann es befreiend sein, sich für einen Moment bewusst zu entschleunigen.

Es sind noch 10 Minuten Zeit bis zum nächsten Termin. Da schaue ich doch noch schnell in die E-Mails. Oder ich greife zum Smartphone um zu sehen, ob es irgendetwas Neues auf Whatsapp gibt. Manchmal sind es tolle Bilder vom Enkel. Oft aber auch nur Schrott. Schneller als gedacht ist die Zeit vorbei.

Ich merke, dass das nicht spurlos an mir vorübergeht. Je älter ich werde, desto schwerer fällt es mir, einfach zu dem Vorherigen zurückzukehren. Oder mich auf Neues einzustellen. Jede dieser Unterbrechungen kostet Kraft. Meist merke ich das erst hinterher. Es gibt Untersuchungen, dass ein einfaches Signal vom Handy mein Unterbewusstsein bis zu einer halben Stunde beschäftigt, gerade wenn ich nicht drangehe. Offenkundig hat nicht nur das, was ich tue, Auswirkungen auf mich selbst. Sondern auch das, was ich nicht tue.

Ich erinnere mich, dass ich vor ein paar Jahren irgendwo gelesen habe: „Eine der wichtigsten Dinge, die ich gelernt habe, lautet: Wenn nichts zu tun ist, dann tue nichts.“ Ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Also google ich „wenn nichts zu tun ist“ und mache eine erstaunliche Entdeckung. Da ist viel von „bore-out“ die Rede. Krank durch Unterforderung. Nichtstun hat keinen guten Ruf. Und ich stoße auf ein Selbstoptimierungsprogramm: „Nichtstun - in 10 Schritten zur Meisterschaft.“ So habe ich mir Nichtstun keineswegs vorgestellt. Sofort wird wieder ein Programm daraus, das ich mir erarbeiten muss.

„Wenn nichts zu tun ist, dann tue nichts.“ Was für eine tolle Möglichkeit! Und welche Befreiung! Abwarten und Tee trinken. Aus dem Fenster schauen. Einfach vor sich hinstarren. Die Zeit plätschern hören. Gedanken nachhängen. Niemand will irgendetwas von mir. Muße. Ein kostbares Gut. Sie tut meinem Leben gut. Muße entschleunigt. Sie schafft wieder Raum für Kreativität. Und rückt den Maßstab zurecht.

Ich habe immer mehr den Eindruck: Wir müssen immer neue Techniken lernen. Daran kommt fast keiner vorbei. Wir müssen aber dazu auch lernen mit ihnen wirklich umzugehen. Also habe ich meinen Schreibtisch umgeräumt. Der PC ist auf einen anderen Platz gewandert. Das Smartphone liegt oft in der Schublade. Ich achte darauf nicht jede Pause noch schnell zu füllen. Dazu gehört manchmal Disziplin.

Nach alttestamentlicher Tradition ist der Sabbat ein kostbares Gut. Wenn alle Menschen den Sabbat halten, dann ist Shalom, Frieden auf Erden. Das gilt auch im Ganzkleinen. Ruhezeiten bedeuten Frieden für meinen Geist. „Wenn nichts zu tun ist, dann tue nichts!“

Burkard Zill, Ev. Kirchengemeinde Baumholder