Wie heißt es im Volksmund so schön: "Unbekümmertheit ist ein Vorrecht der Jugend"; doch zugleich wird seit Urzeiten das Klagelied über die "Jugend von heute" angestimmt. Schon Sokrates, der von 469 bis 399 v. Chr. in Athen lebte, soll sich mächtig über seine jugendlichen Zeitgenoss*innen beschwert haben:

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.”

Tatsächlich ist bis heute nicht bewiesen, dass das Zitat von Sokrates stammt. Es wurde wohl in der 1907 in Cambridge veröffentlichten Dissertation von Kenneth John Freeman erstmalig erwähnt und wurde seitdem (wohlgemerkt, bevor es Internet und Social Media gab) als Sokrates oder Platon zugeschriebenes Pseudo-Zitat (Fake News?) verbreitet. Unabhängig von der Frage der Urheberschaft ist es eine Tatsache, dass sich das Lamento über die Jugend seit Generationen so oder ähnlich anhört. Bis heute, wo die zwischen 1995 und 2012 geborene "Generation Z" gern pauschal als "arbeitsscheu", "wehleidig" oder "großmäulig" abgestempelt wird.

Wir sehen das anders – aus Erfahrung und nicht nur, weil ernst zu nehmende Studien ein differenzierteres Bild zeigen, wie z. B.: Generationen - Wertorientierungen 2022 | Statista

Den heute 14- bis 26-Jährigen sind gute Freunde und enge Beziehungen am wichtigsten. Sie bewerten Erfolg im Beruf nicht viel anders als die Generationen vor ihnen, sind aber viel eher bereit, Neues zu lernen. Eine aktive Teilnahme am politischen Leben ist ihnen ebenso wichtig wie der so genannten Generation X (42-56 Jahre) und sogar wichtiger als der Generation Y (27-41 Jahre).

Studien zeigen jedoch auch, dass Werte an Bedeutung verlieren, die den Älteren noch wichtig waren; dazu gehören Leistungsorientierung und die Auseinandersetzung mit Sinnfragen oder dem Glauben. Kann man daraus den Schluss ziehen, die heutige Jugend sei egoistisch und vergnügungssüchtig? Wir meinen: nein. Wir erleben tagtäglich, dass sich unsere jungen Kolleg*innen für andere einsetzen und engagiert an ihre Aufgaben herangehen. Und hat die Jugend von heute nicht auch recht, wenn sie ihr Leben nicht vollständig der Arbeit unterordnen möchte? Unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Regelungen finden jedenfalls auch bei Kolleg*innen jenseits der 30 großen Anklang. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Jung und Alt voneinander profitieren können, wenn die Bereitschaft da ist, sich unvoreingenommen, wertschätzend und wohlwollend aufeinander einzulassen. Denn glaubt man einer wahren Expertin fürs Jungsein, dann ist die Unbekümmertheit und Neugierde der Jugend vielleicht genau das, was Arbeitgeber (wir alle?) in der sich rasch wandelnden und für alle unsicherer gewordenen Welt brauchen:

„Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!“ (Pipi Langstrumpf)

Beispiele dafür, was junge Menschen heutzutage so alles auf die Beine stellen, zeigen wir in unserer Schatzkiste.

Schatzkiste

• Dylan Siegel beschrieb und bemalte 2012 im Alter von nur sechs (!) Jahren einige Blätter Papier für ein kleines Buch mit dem Titel "Chocolate Bar", dessen Erlös er für die Erforschung der seltenen Stoffwechselkrankheit seines Freundes spenden wollte – zwei Jahre später waren 25.000 Exemplare seines Büchleins in 60 Ländern verkauft und es kam, zusammen mit einem Spendenaufruf, eine Million Dollar für die gute Sache zusammen. Chocolate Bar Book

• Amanda Gorman wurde 1998 in Los Angeles geboren; sie ist Schriftstellerin, Lyrikerin und Aktivistin. Die Afro-Amerikanerin und Tochter einer alleinerziehenden Mutter trug auf Einladung von Jill Biden zur Amtseinführung von Joe Biden ihr Gedicht "The Hill We Climb" vor – sie war 22! Amanda Gorman – Wikipedia 

• Greta Thunberg ist die wohl bekannteste junge Aktivistin; doch es gibt noch viele andere Jugendliche weltweit, die sich aktiv für eine bessere Welt einsetzen: 20 junge Leute, die die Welt verbessern wollen (watson.ch) 

Für alle, die sich durch diese "Jugend von heute" inspiriert fühlen: Der Kirchenkreis Obere Nahe bietet Jungen und Junggeblieben vielfältige Möglichkeiten, sich einzubringen. Mehr Infos auf unserer Website: Kirche mit dir - Kirchenkreis Obere Nahe (obere-nahe.de)

Wir freuen uns auf Sie und auf Dich

Ihre/Eure

Jutta Walber und Sascha Heidrich