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Nachrichtenarchiv

Landeskirchenamt lehnt Renovierungsvorhaben ab

Über die Zukunft der Ev. Kirche in Bergen sind die Meinungen zwischen der Kirchengemeinde Bergen und dem Kirchenkreis Obere Nahe geteilt.

Idar-Oberstein/Bergen. Der bauliche Zustand des Kirchendachs bereitet der Kirchengemeinde seit über 10 Jahren Sorge. Das Kirchendach ist in keinem guten Zustand. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass sich brüchig gewordene Schieferschindeln vom Dach lösten. Ins Gebälk drang Feuchtigkeit, die den Sprengwerken zu schaffen machte. Zudem hatte sich der Hausbock - ein Schädling, der gerne Nadelhölzer befällt – in den Tragwerken der Decke breitgemacht. Aufgefallen war dies erst, nachdem die Holzabdeckung über der Decke zur Begutachtung entfernt wurde. Die Dramatik wurde schließlich durch herunterstürzende Teile des Deckenputzes verstärkt.

Mehrere Sachverständige haben der Kirchengemeinde eine komplett neue Eindeckung des Langhauses der 1860 bis 1862 erbauten Kirche angeraten. Doch eine umfassende Sanierung ist aufwändig und kostet viel Geld. Mittel, die die Kirchengemeinde nicht hat. Zugespitzt hat sich die Lage im Herbst 2019: Weil die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte, musste die Kirche gesperrt werden. Die Kirchengemeinde hat in Abstimmung mit dem Kirchenkreis dann das nötigste machen lassen zur Sicherung des Gebäudes. Bereits zu dem Zeitpunkt war es nicht mehr möglich, das Dach zu betreten.

In der Kirchengemeinde machte sich zu diesem Zeitpunkt Unverständnis breit: Das Presbyterium der Kirchengemeinde hatte nämlich neun Monate zuvor in seiner Sitzung im Dezember 2018 beschlossen, das Dach der Kirche neu eindecken zu lassen. Der Finanzierungsplan sah unter anderem vor, den Erlös aus dem Verkauf des Pfarrhauses umzuwidmen. Doch zur Umwidmung des Pfarrvermögens bedurfte es der Zustimmung des Kirchenkreises. Die verweigerte der Kreissynodalvorstand (KSV), Leitung des Kirchenkreises, nach eingehenden Prüfungen im Hinblick auf die schlechte Haushaltslage der Gemeinde. Auch die Landeskirche, deren Zustimmung laut Wirtschafts- und Verwaltungsordnung (§52 WiVO, Genehmigungsplichtige Bauvorhaben) für ein Bauvorhaben solcher Größenordnung erforderlich ist, lehnte die Genehmigung ab.

Die Begründung aus dem Landeskirchenamt knüpfte an die Bedenken, die der KSV geäußert hat, an: Eine Renovierung des Kirchendachs binde einen Großteil der Mittel aus der Instandhaltungsrücklage. Diese dürfe jedoch nicht aufgebraucht werden, da die Kirchengemeinde noch zwei weitere Kirchen in Griebelschied und Berschweiler besitzt, für deren Instandhaltung und Betriebskosten sie zu sorgen hat. Für die Sanierung des Kirchendachs und die Erhaltung der Kirche setzt sich zwar der 2018 ins Leben gerufene Förderverein Kirche Bergen ein. Doch die in Aussicht gestellten Spendengelder können nur einen Bruchteil der Kosten decken. Zudem waren die zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch nicht geflossen. Verbunden mit der dringlichen Bitte, für die Gebäude in der Gemeinde ein tragfähiges Nutzungs- und Finanzierungskonzept zu erstellen, lehnte das Landeskirchenamt die Genehmigung ab. Gegen den Ablehnungsbescheid hat das Presbyterium in Bergen Widerspruch eingelegt. Dieser ist nun ebenfalls abgelehnt worden.

Wie es nun mit der Kirche in Bergen weitergeht, muss neu ausgehandelt werden. Die Sanierung aus Mitteln des Gemeindehaushalts bzw. -vermögens ist allerdings vom Tisch. Zuletzt waren am 30. April zwei Gutachter des TÜV Rheinland Industrie Service (Geschäftsfeld Bautechnik) in Bergen, um sich von der Statik des Kirchendachs ein Bild zu machen. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Verkehrssicherheit der Kirche, wie von Leitung des Kirchenkreises bereits erkannt, nicht mehr gewährleistet ist. Die Dachsanierung inklusive Sanierung der Deckenkonstruktion und aller anderen notwendigen Maßnahmen würden die ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von rund 320.000 Euro bei Weitem übersteigen.

Geld, so hat es Superintendentin Jutta Walber immer wieder betont, das die Kirchengemeinde nicht hat. Jutta Walber und weitere Mitglieder des KSV haben in dem Prozess immer wieder deutlich gemacht, dass Bergen bezüglich einer Neuausrichtung auf die Unterstützung des Kirchenkreises zählen könne. Nur - ein Zurück zu früheren Zeiten wird es nicht geben. Die Institution Kirche befindet sich im strukturellen Wandel: Die Menschen sind mobiler. Die „Kirche im Dorf“ ist keine zwingende Voraussetzung für ein aktives Gemeindeleben. Bergen hat den Wandel verstärkt zu spüren bekommen. Zählte die Gemeinde im Herbst 2016 noch 607 Mitglieder, sind es heute nur noch 562. Von nicht ganz 1.000 Mitgliedern, die die Gemeinde vor 40 Jahren hatte, ist sie heute weit entfernt.

Insgesamt geht es auch nicht allein für die Kirchengemeinde Bergen, sondern für alle Kirchengemeinden in der Region darum, zukunftsfähig zu werden. Das heißt attraktiv für Pfarrerinnen und Pfarrer und für Menschen aller Generationen. Nach Berechnungen der Landeskirche werden bis 2030 nur noch 14 statt wie bislang 21 Pfarrstellen für den Gemeindedienst im Kirchenkreis zur Verfügung stehen. Somit sind großflächigere Gemeindestrukturen sowie eine Zusammenarbeit aller Gemeinden im Kirchenkreis erstrebenswert.

In letzter Konsequenz geht es bei den angestrebten Zusammenführungen darum, die Arbeit der Kirche und ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer – Seelsorge, Begleitung und die Verkündigung des Evangeliums – zu sichern.  „Dem Kirchenkreis geht es nicht darum, Gebäude zu erhalten, sondern um die Arbeit für und mit den Menschen“, sagt die Superintendentin unmissverständlich. Das ginge heute und in Zukunft nur durch einen sinnvollen und verhältnismäßigen Umgang mit Ressourcen und Möglichkeiten. Zeit und Kraft, die ein Pfarrer z.B. in die Verwaltungsarbeit investiert, fehlen ihm in der Arbeit mit Familien, jungen Menschen, Kindern und Senioren, kurzum: mit der Gemeinde.

Großflächigere Strukturen würden den parochialen Dienst wieder näher an die Bedürfnisse der Menschen rücken und den Pfarrerinnen und Pfarrern Spielräume eröffnen für das Wesentliche.  Oder um es anders zu formulieren: Die Vielfalt an Angeboten der Kirchengemeinden im Kirchenkreis wird nicht durch Gebäude gewährleistet, sondern von Menschen, die dafür Zeit und Gestaltungsspielräume haben. Mit der Konzeption, die die Kreissynode bei ihrer Zusammenkunft im November vergangenen Jahres inhaltlich verabschiedet hatte, habe der Kirchenkreis genau das deutlich gemacht.  Klar gewesen sei, dass nicht jedes Gebäude in den Gemeinden erhalten werden könne, sagt Superintendentin Walber. Nicht zuletzt die Einschränkungen, die die Corona-Krise mit sich gebracht haben, haben gezeigt, dass Kirche andere Räume bespielen könne und müsse, die nicht an Gebäude gebunden seien.

Dieser Aspekt ist für die Superintendentin auch ganz entscheidend: „Die Zeiten haben sich geändert. Es ist schwer neue Pfarrerinnen und Pfarrer zu gewinnen für Kirchengemeinden wie Bergen.  Mittlerweile bewerben sich die Gemeinden bei den Pfarrern und nicht mehr umgekehrt.“ Eine Gemeinde, die zwar fast in jedem Dorf eine Kirche hat, aber keine finanziellen und personellen Spielräume mehr für Investitionen in die Menschen mit ihren Fragen und Bedürfnissen habe, sei unattraktiv und biete wenig Anreize für potenzielle Bewerber.