Sie sind hier: Kirche mit dir » Aktuelles & Termine » Nachrichtenarchiv

Nachrichtenarchiv

„Jauchzet! Frohlocket! Preiset die Tage!“

Ein Konzerterlebnis der besonderen Art erfuhren die Zuhörer:innen des Weihnachtsoratoriums am 29. und 30. Dezember in Idar und Reichenbach.

Idar-Oberstein/Reichenbach. Die wuchtigen Paukenschläge waren geeignet, die von den üppigen Festtagen etwas träge große Zuhörerschaft in der Idarer Stadtkirche mitzureißen auf den prächtigen Festchor „Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an“. 
Die beiden Kantoreien Idar-Oberstein und Obere Nahe und der Kammerchor zeigten sich trotz einiger krankheitsbedingter Ausfälle bestens disponiert und ließen alle großen Chorpartien swingen, ganz so, wie der Kreiskantor und Chorleiter Christian Kurtzahn Johann Sebastian Bachs Musik auffasst: leichtfüßig, frisch, vorwärts drängend. Das freute eine Zuhörerin, die meinte: „Das hat richtig gegroovt“. 
Das hochklassige, technisch in allen Registern brillante Orchester „L‘Arpa Festante“, das seit vielen Jahren nach Idar-Oberstein kommt, nahm Kurtzahns Tempi begeistert auf und feierte das musikalische Fest mit – mit viel Bewegung in den Gesten und eindringlichem Spiel. Sehr besonders ist der Klang dieses Ensembles: Sie wählen ihre Instrumente danach aus, in welcher Epoche ein Werk geschrieben wurde. Also lauschten die mehr als 200 Gäste den Barockviolinen, die ohne Vibrato gespielt werden, dem wunderschön weichen, lieblichen Klang der Traversflöten, deren Verwandtschaft zur Blockflöte durchschlägt, den bezaubernden Barock-Oboen. 
Erstaunen gab es über ein nicht häufig eingesetztes Instrument, dass zum Continuo gehört: Die Theorbe ist ein Lauteninstrument mit mehr Bass-Saiten zur Verstärkung. Sie klingt weicher und zarter als das übliche Cembalo. Faszinierend auch die Trompeten aus dieser Zeit, die aussehen wie Fanfaren, keine Ventile, aber Bohrungen im Rohr besitzen. Sie glänzten mehrfach, vornehmlich die Solotrompete in der Bassarie „Großer Herr und starker König“. Selbstverständlich wählt Bach da das den Herrschern zugeordnete Instrument, wie man ja vielfache musikalische Wortdeutungen findet, je mehr man sich mit dieser Musik auseinandersetzt. 
Matthias Horn erfreute mit warmer, tiefer Bassstimme, nie zu mächtig, stets darauf bedacht dem Werk zu dienen. Mit überraschender Leichtigkeit und viel Mut zu eigenen Ideen interpretierte der Tenor Sebastian Hübner als Evangelist die Texte des Lukas-Evangeliums, das Bach als Grundlage für seine sechs Kantaten diente. Davon hörte man in diesem Jahr die Nummern eins bis drei und die sechste. 
Auch in seiner Arie „Frohe Hirten, eilet“ mit ihren fordernden Koloraturen faszinierte Hübner. Sandra Stahlheber gestaltete mit kräftiger Altstimme ihre Partien. Dabei nahm sie die vielen hohen Töne, die Bach dieser Stimmlage abverlangt, angenehm leicht. Mit ihr zusammen musizierte der Konzertmeister Christoph Hesse nachdenklich-innig die Arie „Schließe, mein Herze“, ein besonders meditativer Moment an diesem Abend. 
Carmen Bucherts jugendlicher Sopran eignet sich bestens für die strahlende Rolle des Engels, die sie übernahm. Ein großes Kompliment für den Chor sprachen Horn und Hübner dem Chor aus: „Sie haben kraftvoll und ausgewogen gesungen mit einem sehr schönen, runden Klang, auch in den Höhen.“ Die Überzeugungskraft ihres Chorleiters hatte sie getragen. In beiden Aufführungen am 29. Dezember in Idar und am 30. Dezember in Reichenbach erreichten sie hunderte von Menschen mit ihrer in Musik gegossenen Botschaft von Frieden und Hoffnung und spendeten so viel Trost und Zuversicht für die Zukunft.

Jutta Gerhold

In der evangelischen Kirche in Reichenbach wartete eine atemberaubende Klangkulisse auf die Zuhörer:innen. Bildnachweis: Ulrich Schilken