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Nachrichtenarchiv

Erfrischend anders und viel Spielraum für die Begegnung

Die Sommersynode des Kirchenkreises Obere Nahe setzte nach 2 ½ Jahren Pandemie auf die persönliche Begegnung.

Veitsrodt.  Zur Abschlussandacht im Kreis auf der grünen Wiese waren sich am Ende alle einig: Diese Synode war erfrischend anders und kam zur rechten Zeit. Nach zweieinhalb Jahren Corona war es der Wunsch von Superintendentin Jutta Walber, dass sich die Menschen nicht nur wieder treffen, sondern auch begegnen sollen. Beraten konnten sich die Synodalen in den vergangenen Sitzungen zwar in der Konferenzplattform „Zoom“. Über dieses Medium waren auch weitreichende Entscheidungen wie die Neustrukturierung des Kirchenkreises in fünf große Kirchengemeinden gefallen. Doch für Begegnungen blieb nur wenig Spielraum.

Eben dieses Defizit sollte nun am Samstag mit dem „Markt der Begegnung“ aufgeholt werden. In ihrer Begrüßung am Morgen in der Markthalle Veitsrodt betonte die Superintendentin den offenen Charakter der Synodaltagung. Nach richtungsweisenden Beschlüssen sollten sich die Menschen begegnen, miteinander ins Gespräch kommen, „maijen“ über Gott und die Welt, Fragen stellen und Antworten finden. Anstelle des traditionellen Gottesdienstes zum Auftakt gab es eine Andacht auf dem Weg, die den Übergang von der formellen Sitzung zum offenen Teil der Synode markierte. Mit dieser Andacht zwischen Tür und Angel als Proviant im Gepäck schickte Jutta Walber Synodale wie Gäste los, die Schätze von Kirche an der Oberen Nahe zu entdecken.

„Schatzsuchen und Perlenfinden“ – das Motto der Synode spiegelte sich nicht nur ideell wider. Am ersten Pavillon auf dem Marktgelände verteilten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verwaltungsamts Beutel aus Organza mit einer angehefteten Postkarte. Deren Botschaft betonte auch den offenen Charakter der Veranstaltung: „Sich aufmachen – gemeinsam oder alleine. Suchen und Finden – in Einsamkeit – in Gemeinsamkeit. Überraschendes entdecken – unverhofft – wunderbar – anders als gedacht. Lebendigkeit – Erfüllung – Glück – menschliche Nähe – Verständnis. Unterwegs sein – absichtslos – leicht – unbeschwert und neugierig…“ An jedem Stand gab es eine oder mehrere Perlen für den Schatz-Beutel.

Gestaltet wurden die Stände von den Arbeitsbereichen und Einrichtungen des Kirchenkreises. Notfallseelsorger Oliver Schardt und Klinikseelsorgerin Sabine Heiter-Grates berichteten, wie sie Menschen in den schwierigen Zeiten des Lebens begleiten. Das Ev. Erwachsenenbildungswerk (eeb) in Simmern stellte ihr Fortbildungsprogramm vor. Das Freizeitheim Heiligenbösch präsentierte seine Räumlichkeiten. Schatzsucher*innen, die das Freizeitheim bereits kennen, ließen sich aus den Blättern abgelaufener Jahreskalender stimmungsvolle Bilder laminieren. Am benachbarten Stand des Jugendreferats kamen nicht nur die Kleinen auf ihre Kosten.

Wilfried Ulrich, Leiter des Jugendreferats, hatte das Spielmobil des Kreisjugendrings ausgepackt. Die abenteuerlichen Gefährte, Ballspiele und Stelzenlauf lockten längst nicht nur Kinder. Jugendliche, die er fürs Ehrenamt begeistern konnte, zauberten Crêpes. VEKIO, der Trägerverband der evangelischen Kitas in Idar-Oberstein, und die Fachberaterinnen des Kindergartenreferats haben sich zu einem großen Stand zusammengetan. Hier konnten Besucher ihre Wünsche mit Heliumballons aus Naturlatex in den Himmel schicken. Nebenan hieß es bei Björn Lanzerath Piano „Wünsch dir was!“

In der Markthalle konnte jede/r Klagen, Dank und Bitten auf eine Karte schreiben und diese in einen Briefkasten werfen. Die Botschaften wurden zur Abschlussandacht vorgelesen. Architekt Heiko Selwitschka vom Verwaltungsamt präsentierte den Besuchern Karten des Kirchenkreises. Mit Folienstiften konnten sie selbst den schwierigen Entscheidungsprozess „nachspuren“ und sich die Fragen stellen, die sich auch die Synodalen stellten: Welche Alltagswege gibt es? Von welcher Region aus gibt es weniger Verbindungen in andere Regionen? In welchen Gebieten leben mehr Menschen als in anderen? Wo kann man Grenzen ziehen?

Ganz frisch im Kreis der Arbeitsbereiche vertreten ist auch die Kirche im Nationalpark. An deren Stand teilte Pastoralreferent Martin Backes (Bernkastel-Kues) Karten der Wanderwege und Sehenswürdigkeiten aus. Obwohl sich der Kirchenkreis bereits seit geraumer Zeit im ökumenischen Kooperationsprojekt Nationalparkkirche engagiert, gehörte er bislang nicht der Trägergemeinschaft an. Zum 1. September tritt der Kirchenkreis auf Beschluss der Kreissynode nun offiziell bei.

Gemeindestrukturreform – die Beschlüsse nach Regionen

Gespannt waren Besucher wie Synodale, wie die 2021 beschlossene Gemeindestrukturreform kurz- und mittelfristig umgesetzt wird. Hier gab es im Nachgang der letzten Synode in den Presbyterien sowie auf der Ebene zwischen Gemeinden und Kirchenkreisleitung Redebedarf. In erster Linie ging es an konkreten Stellen um Anpassungen der angedachten Grenzen.

Gemeinde 5 Großregion Birkenfeld

So hatten die durch Pfarrerin Christiane Bock verbundenen Gemeinden Leisel und Siesbach Gründe dargelegt, weshalb sie eher Richtung Birkenfeld und Niederbrombach gehören wollen als in Richtung Idar, Göttschied und Veitsrodt-Herborn. In den benachbarten Gemeinden stellte sich die Frage, wie sich 800 Kirchenmitglieder mehr oder weniger auf die pfarramtliche Versorgung sowie die Finanzen der beiden neuen Gemeinden auswirkten.

Das Birkenfelder Presbyterium hatte das Ansinnen von Leisel und Siesbach lange Zeit unterstützt. Dann kamen bei einer Klausurtagung kurz vor der Synode Zweifel auf und Birkenfeld lehnte das Ansinnen schließlich doch ab. So legt es Dr. Christine Großmann, Vorsitzende des Presbyteriums in Birkenfeld, dar. Der finanzielle Verlust für die neue Gemeinde um Idarbachtal, Göttschied und Veitsrodt-Herborn sei dabei nicht umfassend berücksichtigt worden. Als im April Pfarrerin Jennifer Buchner ihre Stelle in Birkenfeld antrat, habe sie noch einen weiteren Aspekt ins Spiel gebracht: Die Leistbarkeit des Pfarrdienstes in einer Gemeinde mit über 9.000 Gemeindegliedern.

Pfarrer Günter Wild steht mit seiner Gemeinde Göttschied in der Reihe der Gemeinden, die durch Grenzanpassungen verlieren – an Finanzkraft und Gemeindegliedern: „Ich möchte, dass es in der Abstimmung keinen Verlierer gibt, sondern zwei Gewinner“, sagte er und bat darum, die Entscheidung in diesem Punkt zu vertagen. Alle Beteiligten sollten sich noch einmal an einen Tisch setzen. Pfarrerin Christiane Bock erklärte zwar grundsätzlich gesprächsbereit zu dem Vorschlag, hatte aber Bedenken, ob man dann zu neuen Ergebnissen komme: „Grundsätzlich wird es ja keine Änderung der Argumente geben. Dann können wir auch gleich darüber abstimmen“, sagte sie. Auch wenn sehr viele Pfarrkolleginnen und -kollegen Verständnis für ihre Gründe zeigten, lehnte die Synode ihren Antrag mehrheitlich ab.

Großgemeinde 1 – (Oberstein, Herrstein, Niederwörresbach, Fischbach)

Im Norden des Kirchenkreises hat die Synode indes zwei Veränderung der Grenzen beschlossen. So tauschen Schmidthachenbach und die Ortschaft Dickesbach die Zugehörigkeiten. Schmidthachenbach gehört zukünftig zur Kirchengemeinde 1 und nicht wie ursprünglich angedacht zur Gemeinde 3.

Großgemeinde 3 – Weierbach-Sein, Grumbach – Herren-Sulzbach und Gemeinden am Glan

Die Ortschaft Dickesbach, die zur Kirchengemeinde Kirchenbollenbach gehört, wird der Kirchengemeinde 3 zugeordnet. Hier müssen bis 2026 sechs Kirchengemeinden zu einer fusionieren. In den drei Gemeinden am Glan, deren Pfarrstelle seit März nicht besetzt ist, sollen bis 2024 fusionieren. Zur Unterstützung bemüht sich die Superintendentin bei der Landeskirche um einen Pastoralen Dienst im Übergang. Dieser soll die Prozesse am Glan unterstützen und die neue Struktur aufbauen. Dieser Dienst ist zeitlich befristet. Die Kirchengemeinde Grumbach-Herren-Sulzbach ist – entgegen der Beschlussvorlage – in diesem Prozess außen vor. Hierum hatte Pfarrerin Denise Roth gebeten. Sie hatte Bedenken, dass man sich mit der Fusion der Glan-Gemeinden und Grumbach-Herren-Sulzbach übernehme.

Alle Strukturprozesse im Kirchenkreis und der Verwaltung sollen nach Beschluss der Synode von einem externen Beratungsunternehmen begleitet werden.

Außerdem beschlossen

Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war eine Grundsatzentscheidung zu Gebäuden des Kirchenkreises. Hier fasste die Synode den Grundsatzbeschluss, dass alle Einrichtungen, Dienste und Abteilungen des Kirchenkreises in einem zentralen Neubau auf einem kircheneigenen Grundstück zusammengefasst werden sollen. Dieser Neubau würde neben der kirchlichen Verwaltung auch das Diakonische Werk beheimaten, das derzeit allein auf drei Standorte in der Stadt Idar-Oberstein aufgeteilt ist. Gegen einen Anbau an das bestehende Verwaltungsgebäude spricht die Tatsache, dass das Gebäude zu klein und technisch auch nicht ausgestattet ist für hybrides Arbeiten. Auch der Beschluss der Landessynode vom Januar 2022, der bis 2035 Klima- und Treibhausneutralität bei den Gebäuden des Kirchenkreises fordert, kann in einem Neubau besser umgesetzt werden.

Außerdem stellen Elfi Schug (Diakonisches Werk) und Sabine Dalheimer-Mayer (Kindergartenreferat) den Synodalen ihre Zwischenergebnisse für zwei eng verzahnte Projekte vor: Im Projekt Ehrenamtskoordination geht es darum, für Ehrenamtliche einen verbindlichen Rahmen mit einheitlichen Standards zu schaffen. Auch soll neuen Ehrenamtlichen mit Arbeitsmappen, Feedback-Gesprächen und Infomaterial der Einstieg erleichtert werden. Ziel ist es insgesamt, den Rahmen für ehrenamtliche Arbeit zu professionalisieren.

Ein wichtiger Punkt in der Ehrenamtsarbeit ist auch die Prävention vor sexualisierter Gewalt. Hier hatte der Kirchenkreis 2018 sein Kinder-Schutzkonzept vorgelegt. Nun wird der Fokus erweitert: Von Kindern und Jugendlichen zu allen Schutzbefohlenen, die mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der evangelischen Kirche in Berührung kommen. Auch die Gemeinden müssen solche Konzepte vorlegen. Hier möchte der Kirchenkreis ein Schutz- und Schulungskonzept erarbeiten, von dem dann auch die Kirchengemeinden profitieren können. Ziel ist es, eine Kultur der Achtsamkeit und der Wertschätzung zu etablieren. Auch in diesem Punkt, sagte Superintendentin Jutta Walber, hängen beide Themen inhaltlich eng zusammen. Die Ausarbeitung beider Konzepte soll in der nächsten Herbstsynode am 11. und 12. November 2022 zur Abstimmung kommen.