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Caritasverband und Diakonisches Werk suchen Wege zu Chancengleichheit

Wo und wie hängt die Gesellschaft Menschen ab? Dieser Frage stellten sich Mitarbeiter von Caritasverband und Diakonischem Werk im Besinnungstag.

Birkenfeld. Die Beratungsstellen von Diakonischem Werk (DW) und Caritasverband arbeiten im Kreis Birkenfeld seit jeher eng zusammen. Denn Arbeitslosigkeit, Schulden, Sucht, finanzielle Not oder sprachliche Barrieren betreffen viele Ratsuchende in der Region. Die Verbindung zwischen den zwei kirchlichen Trägern ist umso enger, weil deren Tun ausdrücklich auf einem christlichen Menschenbild beruht.

Tradition hat ein gemeinsamer Klausurtag: Einmal jährlich trifft man sich zu Besinnung, fachlichem Austausch sowie zur Reflexion der täglichen Arbeit und gesellschaftlicher Veränderungen. Jüngst widmeten sich Beratungs- und Verwaltungskräfte der Frage „Wo und wie hängt die Gesellschaft Menschen ab?“

Beide Kirchen – die Evangelische wie die Katholische – sehen eine Aufgabe darin, soziale Teilhabe zu ermöglichen. Der Besinnungstag sollte Wege zu gleichwertigen Lebensverhältnissen aufzeigen, damit möglichst niemand „abgehängt“ wird.

„Dabei bedeutet ‚gleichwertig‘ keineswegs, dass überall identische Lebensverhältnisse herrschen müssen“, betonte DW-Geschäftsführerin Ilona Schlegel eingangs. „Sehr wohl braucht es aber faire Chancen und gerechte Zugangsmöglichkeiten.“

Um Ansätze für solche „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ zu finden, nahmen 23 Kollegen aus Diakonie und Caritas eine ungewohnte Perspektive ein: Sie versuchten, die Not ihrer Klienten nachzuspüren – nicht als „Fachmann“ oder „Fachfrau“ für soziale Belange, sondern mit dem Erfahrungswissen aus der täglichen Arbeit.

Dies geschah in vier Arbeitsgruppen, gegliedert nach thematischen Schwerpunkten: Erwerbsarbeit/Bildung/Einkommen, Gesundheit/Alter/Gesundheitsversorgung, Wohnen/Quartier/Infrastruktur/Mobilität und Familie/Kinder/Migration.

Allen Beteiligten war bewusst: Eine so umfassende Diskussion an einem Besinnungstag kann nicht abschließend sein. Nichtsdestoweniger lieferte sie Denkanstöße und wichtige Fingerzeige, wo es an notwendigen Voraussetzungen noch fehlt, wie Caritasdirektorin Victoria Müller-Ensel erläutert: „Unser Anliegen war es, vor diesem Hintergrund dann grundsätzliche sozialpolitische Positionen zu formulieren.“

Am Ende des Besinnungstags war festzuhalten, dass sich – bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen Notlagen von Klienten – wiederkehrende Einflussfaktoren in allen Bereichen der Daseinsvorsorge zeigen. Ein grundlegender Aspekt ist für Zuwanderer und einheimische Bevölkerung gleichermaßen die Frage der Mobilität – ganz gleich, ob es um Arbeit oder Bildungsmöglichkeiten geht, Gesundheitsversorgung oder die Verfügbarkeit von Wohnraum.

Durchgängig ließ sich auch die Wechselwirkung von (fehlender) sozialer Teilhabe und dem Selbstwertgefühl nachzeichnen. „Wir erleben, dass geringe finanzielle Mittel, geringes Bildungsniveau oder Arbeitslosigkeit gravierende Auswirkungen nicht zuletzt auf die psychische Gesundheit haben“, fasst Ilona Schlegel zusammen.

„Und wer erst einmal an den Rand der Gesellschaft gerät, der hat es ungleich schwerer, sein Potential zu entfalten“, ergänzt Victoria Müller-Ensel. „Allzu oft schon deshalb, weil ihm Anerkennung fehlt und er glaubt, nicht ernstgenommen zu werden.“

Hier zeige das Subsidiaritätsprinzip – ein gesetzlich verankerter Grundsatz, der die Unabhängigkeit und damit die Vielfalt freier Träger in der Wohlfahrtspflege sichert – seine Berechtigung, betonen Schlegel und Müller-Ensel einhellig: „Es sichert Rat- und Hilfesuchenden wichtige Wahlfreiheit.“

Zugleich werben sie dafür, das Miteinander eben dieser Träger zu stärken. Ein Beispiel gelungener Kooperation und Vernetzung sei die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Diese „LIGA“ eint auf Kreisebene fünf Verbände: Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk und Paritätischen Wohlfahrtsverband (vertreten durch die „Lebenshilfe e.V. – Obere Nahe“).

Überdies plädieren Caritas und Diakonie dafür, die Zusammenarbeit zwischen kommunalen Institutionen und freien Träger weiter auszubauen. „Auch dies hat unser Klausurtag deutlich gemacht: Nur, indem wir alle unsere jeweiligen Kompetenzen und Ressourcen in die Waagschale werfen, lässt sich den komplexen Problemstellungen in unserer meist ländlich geprägten Region wirksam begegnen“, so die beiden Verbandsleiterinnen abschließend.