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Nachrichtenarchiv

An(ge)dacht: Wunderbare Bewahrung

Ein fast unausweichlicher Unfall auf einer Landstraße und die Flucht des Volkes Israel aus Ägypten - für Pfarrer Klaus Rath hat Gott in beiden Geschichten seine rettende Hand über die betroffenen Menschen gehalten.

Es war in einem Sommer vor vielen Jahren. Ich war ein junger Mann und recht zügig auf der Landstraße unterwegs mit einem alten Motorrad. Rechts von mir: eine langgezogene Betonmauer, die den Hang sichert; links von mir, als Begrenzung der andern Straßenseite, eine Leitplanke, dicht begrünt. - Da bricht - ich traue meinen Augen nicht - ein großer Collie durch das Grün und trabt auf die Fahrbahn. Im Bruchteil einer Sekunde weiß ich, dass ich weder bremsen noch zur Seite ausweichen kann. Auf der Gegenfahrbahn kommen mir zwei Autos entgegen. Mir bleibt, auf den Hund aufzufahren - ich weiß genau, an welchem Punkt das sein wird. Ich sehe mich durch die Luft fliegen und reglos liegenbleiben. In meinem Kopf ist der eine Gedanke: AUS!

- Die entgegenkommenden Autofahrer machen wegen des Hundes eine Vollbremsung. Bei einem der Autos quietscht die Bremse, sodass es mir noch unter dem Helm in den Ohren schrillt. Der Hund erschrickt, macht zwei oder drei schnelle Sprünge, und ich schieße mit unverminderter Ge-schwindigkeit an ihm vorbei… Es dauert einige Zeit, bis sich der Schock bei mir löst; sich mein Nacken, der wie Stein war, wieder entspannt - und ich dankbar begreife, dass Gott mich noch nicht gewollt hat.

Eine andere Geschichte - sie spielt im 13. Jahrhundert vor Christus und findet sich in mehreren Schichten in der Bibel: Israel flieht aus der Sklaverei in Ägypten, die Streitwagen des Pharao und den Atem seiner Verfolger im Nacken.

300 Jahre lang wird diese Geschichte mündlich weitererzählt - bis es den Staat Israel, das Königtum und eine Hofgeschichtsschreibung gibt. Hier hält man im 10. Jahrhundert fest: Am Ufer eines Wassers angekommen - vielleicht des Mittelmeeres - sitzt Israel damals fest, seinen Verfolgern ausgeliefert. Da drängt Gott der Herr das Meer durch einen starken Ostwind zurück und legt es trocken. Israel kann hindurch und ist gerettet!

Wie geht es mit der Geschichte in der Bibel weiter? 400 Jahre später heißt der Weltherrscher Babylon. Viele des Volkes Israel befinden sich in Babylon, in der Gefangenschaft - eine Situation ganz ähnlich wie die in Ägypten damals! Und in dieser Situation erinnern die Priester daran - und malen es aus, wie Gott damals sein Volk gerettet hat: Dass er durch Mose das Meer teilen ließ - einen Arm des Roten Meeres - und so sein Volk errettete und in die Freiheit führte!

Die Frage bleibt: Was ist denn damals, im 13. Jh., historisch wirklich passiert? Es scheint, dass die ursprüngliche Geschichte weder am Mittelmeer noch am Roten Meer spielte, sondern im Raum dazwischen: Nämlich im Sumpfgebiet von Krokodil- und Bittersee. Die Sprachforschung zeigt, dass es ursprünglich nicht um ein „Meer des Wassers“ ging, sondern um ein „Meer des Schilfes“. Israel auf der Flucht, ohne Navi, ohne Landkarte in diesem Sumpf- und Schilfgebiet angekommen, ist gegen alle Erwartung plötzlich gerettet: Denn zu Fuß kommt man hindurch! Die Streitwagen der Verfolger aber bleiben im Morast stecken.

Ich denke mir: Eine Geschichte ähnlich wie meine! Klar, dass manche sagen: Dort die quietschende Bremse, hier der Sumpf: Wo ist denn da ein Wunder; und wo ist Gott?!

Meine Antwort: Vielleicht nur der, der eigentlich keine Chance mehr hatte, doch dann erlebt, wie er noch einmal davonkommt - der weiß für sich im Herzen, dass es ein Wunder war und Gott ihn bewahrt hat.

Pfarrer Klaus Rath, Ev. Kirchengemeinde Niederbrombach