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Wege aus der Verzweiflung suchen

Der wichtige Dienst der ökumenischen Telefonseelsorge wird auch mit einer Briefmarke gewürdigt.

Bad Kreuznach/Idar-Oberstein. Die Telefonseelsorge (TS) hat am Welttag der Suizidprävention (10. September) auf die Bedeutung ihres Angebotes hingewiesen, Menschen bei seelischen Krisen zu unterstützen. Suizide nach Möglichkeit zu verhindern, das war und ist weltweit das Anliegen bei der Gründung telefonischer Krisen-Anlaufstellen, auch bei der Gründung in Deutschland vor 65 Jahren.

„Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an“ - diesen Anzeigentext hat ein englischer Pfarrer nach dem zweiten Weltkrieg in die Zeitung gesetzt zusammen mit seiner privaten Telefonnummer. Die Geschichte zeigt, worum es geht: Menschen ein Angebot zu machen, die sich in einer aus ihrer Sicht ausweglosen und verzweifelten Lage befinden. 

„Suizidprävention ist unser Kernanliegen“, erklärt Pastoraltheologe Michael Hillenkamp, von katholischer Seite Vorsitzender des Leitungsgremiums der Telefonseelsorge. „Sie ist ein Hauptgrund dafür, dass wir unseren Dienst rund um die Uhr anbieten und sie ist ein zentrales Thema bei der Ausbildung der ehrenamtlich Beratenden.“

Das statistische Bundesamt weist für 2019 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) die weltweite Suizidrate mit über 700.000 Opfern aus. In Deutschland lag die Zahl bei über 9.000 Menschen. Das seien rund dreimal mehr als durch Verkehrsunfälle Gestorbene.

„Nicht jeder Anruf, den wir bekommen, handelt von Suizid“, sagt Michael Hillenkamp. „Aber nahezu alle, die einen Suizid erwägen und uns anrufen, wollen letztendlich nicht tot sein. Sie wollen nur auf keinen Fall mehr so weiterleben wie jetzt. Diese tiefe Verzweiflung braucht Respekt und Anerkennung, keine klugen, moralischen oder gar frommen Rezepte. Wir sagen deshalb: Telefonseelsorge wird die Freiheit jedes Menschen zutiefst respektieren und immer zugleich Wege suchen, wie Verzweiflung gemindert und neuer Lebensmut möglich werden kann.“

Die ökumenische Telefonseelsorge bietet neben ihren rund um die Uhr besetzten Telefonnummern 0800-1110111 und 0800-1110222 auch Beratung per Chat und Mail an.

Mit mehr als 7.700 geschulten Ehrenamtlichen in 104 Städten oder Regionen ist die Telefonseelsorge deutschlandweit tätig. Um möglichst vielen Menschen den Zugang zu ermöglichen, stehen Mitarbeitende ganzjährig rund um die Uhr am Telefon zur Verfügung. Die Telefonseelsorge berät Menschen jeder Nationalität, jedes Geschlechts, jeder Konfession und jedes Alters. Sie verpflichtet sich zu weltanschaulicher Neutralität. Alle Beratungsangebote, sind anonym und kostenfrei.

 

TS Nahe-Hunsrück sucht ehrenamtlich Mitarbeitende

Zur Telefonseelsorge Nahe-Hunsrück mit Sitz in Bad Kreuznach gehören neben der hauptamtlichen Leitung derzeit 50 Ehrenamtliche. Nun möchte man das Team von 16 Männern und 34 Frauen verstärken. Ende Oktober 2021 soll eine neue Ausbildungsgruppe beginnen. Interessierte können sich bei der TS melden: E-Mail ts.nahe-hunsrueck(at)ekir.de, Telefon 0671-35088.

Nach Auskunft von Susanne Schmidt, evangelische Leiterin der TS Nahe-Hunsrück, klingen derzeit die Auswirkungen der Coronakrise in zahlreichen Gesprächen mit an. Auch die Flutkatastrophe hat Menschen mit eigener Traumatisierung oder Menschen aus dem Umfeld von Betroffenen anrufen lassen. Als weitere Belastung zeigt sich die Situation in Afghanistan. Alte Menschen mit Kriegserfahrungen in Deutschland, vor längerer Zeit Geflüchtete mit Kontakten zum Land und Soldaten/ mit Bezug zum Land erleben das Geschehen als seelisch belastend. In fast allen Fällen spielen Ängste und Depressionen eine große Rolle.

Im vergangenen Jahr hatten 8251 Menschen bei der TS Nahe-Hunsrück angerufen. „Wir hoffen, dass die neue Briefmarke verstärkt auf den Dienst der Telefonseelsorge aufmerksam macht umso mehr Menschen vor einer suizidalen Handlung zu bewahren“, sagt Susanne Schmidt. „Es wäre wunderbar, wenn ganz viel Post hier im ländlichen Raum jetzt mit der Marke der Telefonseelsorge in ganz viele Haushalte verschickt würde. So würde die Nummer noch bekannter.

Die Arbeit der Telefonseelsorge wird jetzt auch mit einer Briefmarke gewürdigt, darauf eine der Telefonnummern. Bilnachweis: Telefonseelsorge