Bei einem sonntäglichen Familienkaffee, ich war 11 Jahre alt, fragte ich meinen Großvater: “Opa, hast du im Krieg auch Menschen getötet?” Ich sehe noch, wie mein Großvater erstarrte. Dann fing er an zu weinen. Als er sich wieder gefasst hatte, sagte er: “Darüber spricht man nicht.”
Nun – ich hatte meine Antwort.
Szenenwechsel: Mir gegenüber sitzt ein Soldat. Afghanistan-Veteran. Er erzählt, dass es schon lange nicht mehr gut läuft in seiner Ehe und dass er den Alltag immer weniger geregelt bekommt. Wir reden über seine Einsatzerfahrungen. Mehrere Gefechte. Irgendwann steckte er verletzt fest in einem brennenden Panzerspähwagen, der auf eine Mine gefahren war. All die Jahre hat er das weggedrängt. Jetzt, über ein Jahrzehnt später, kann er nicht mehr.
Und wir? Leben im Frieden und sehen doch jeden Tag die Bilder aus Nahost und aus der Ukraine. Sehen das Leiden auf allen Seiten.
Nicht nur am Volkstrauertag ist daran zu erinnern: Krieg ist die Hölle.
„Selig sind die Friedensstifter.“ Schon klar. Aber wie stiftet man Frieden? „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dem biete auch die linke dar.“ Jesus, so verstehen das viele, fordere damit, sich nicht zu verteidigen. Das sei der einzige Weg zum Frieden. Sie werden damit weder Jesus gerecht, noch dem Frieden. Der Schlag mit dem Handrücken auf die rechte Wange war der Schlag des Herren gegen den Sklaven. Gegenwehr hätte den Tod bedeutet. Stattdessen auch die linke Wange zu bieten, setzt den Schläger demonstrativ ins Unrecht. Das ist keine Demutsgeste. Es ist der Widerstand der Schwachen.
Natürlich sollen wir Friedensstifter sein. Auf Ausgleich bedacht. Zur Versöhnung bereit. Und doch, das mit der rechten und linken Wange kann doch nicht ernsthaft heißen: “Nimmt dir einer die Krim, gib ihm auch den Donbass.” Das wäre kein Frieden. Das wäre ein Diktatfrieden. Der aber trüge den Keim des nächsten Krieges schon in sich.
Frieden stiften, das heißt deshalb auch: Stark genug werden, dass erst gar keiner zuschlägt.