Jetzt hat er tatsächlich angefangen, der Sommer diesen Jahres. Wie auch immer der je eigene Sommer-Geschmack aussieht und wie auch immer wir den Sommer lieben, eindeutig ist: der Sommer ist die Zeit der großen Fülle. Der Reichtum der Gaben Gottes in der Schöpfung ist überall zu spüren und zu sehen. Die Bäume stehen voller Laub, die Blumen blühen um die Wette, die Vögel singen und die Sonne hat Energie und lässt die Tage lange hell sein. Manche macht der üppige Sommer sprachlos, anderen entlockt er ein Lied. Mir besonders eins, eins der schönsten Sommerlieder unseres Gesangbuches (Nr 305): Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit…
Was mich immer bewegt, ist, dass Paul Gerhardt dieses Lied keineswegs aus einer „ guten, alten Zeit“ heraus gedichtet hat. Um sich herum – der 30-jährige Krieg war gerade ein paar Jahre zu Ende – und in seinem eigenen Leben – den Tod von vier Kindern und seiner Ehefrau musste er miterleben – hat er viel unsägliches Leid und Schmerz erfahren. Umso eindringlicher erklingt für mich sein Loben Gottes angesichts der übervollen Sommerzeit. Sein Lob Gottes und der Dank für die großen und kleinen Dinge, die das Leben ausmachen, weiß gleichzeitig um die schweren Seiten und Zeiten des Lebens. Vielleicht ist das der Unterscheid zwischen dem Lob und dem spontanen Jubel, der z.B. in den letzten Tagen in unseren Fußballstadien aufgebrandet ist. Jubel klingt schnell wieder ab - aber das Lob und das Singen, das mein Herz erfüllt, trägt auch, wenn dunkle Wolken mein Leben durchziehen. Geh aus mein Herz – auch wenn das, was du da draußen siehst und erlebst alles andere als herzerfrischend ist… Und suche Freud – lass Dir die Sehnsucht nach Freude ( und Sommergeschmack) nicht abhanden kommen!
Am Ende des Liedes gibt es dann eine auffallende Wende: Vom Lob und Freude an der Natur kommt jetzt der Wunsch auf, dass wir, dass jede:r einzelne von uns zu einer schönen Blume, einem guten Baum in Gottes Garten werde und bleiben möge. Und Gott uns selbst zu einem Paradies erwählen möge, sich seinen Raum in uns suchen möge.
Was für eine wunderbare Gewissheit: Auch dann, wenn mein Acker gerade Risse zeigt vor lauter Hitze des Lebens. Auch dann, wenn das Unkraut alter Tage immer wieder durchkommt und das frische Grün zu überwuchern droht. Auch dann, wenn nicht alle Saat meines Lebens aufgeht: In Gottes Augen sind wir unendlich wertvoll, wunderschöne Blumen, Pflanzen und Bäume, mit denen er seinen Garten errichten will und es soll sich gut darin wohnen lassen.
So den Sommer zu besingen – oder wie es eben gerade geht, zu summen oder zu brummen – bekommt er für mich einen guten Vor-Geschmack.
Sabine Heiter-Grates, Seelsorgerin am Klinikum Idar-Oberstein